Menschen ohne Aufenthaltspapiere in Deutschland
– Schätzungen gehen davon aus, dass zwischen 100.000 und 400.000 Menschen in Deutschland keine Aufenthaltspapiere haben, andere Studien sprechen von weit über 500.000 Illegalisierten. Diese Dunkelziffer ist deswegen so unbeständig, da Menschen “ohne Papiere” alles tun, um nicht aufzufallen, denn Illegalität wird in Deutschland als Straftat gewertet. Die Folge ist eine faktische Rechtlosigkeit gegenüber Behörden, Arbeitgeber*innen und Vermieter*innen und die permanente Angst, abgeschoben oder inhaftiert zu werden. Und dennoch leben, arbeiten und wohnen Menschen ohne Aufenthaltspapiere mitten unter uns, sind Nachbar*innen, Dienstleister*innen oder Kolleg*innen auf der Arbeit.
Die Gründe für ein Leben in der Illegalität sind vielfältig und in den meisten Fällen aus der Not geboren: Aus Angst vor Abschiebung entscheiden sich Geflüchtete, deren Asylantrag abgelehnt wurde, zu bleiben und unterzutauchen. Menschen die ursprünglich mit einem Touristen-, AuPair- oder Studienvisum eingereist sind, überziehen dieses, weil sie eine Arbeit finden, aber keine Arbeitserlaubnis erhalten, weil sie eine Familie gründen oder weil die Doktorarbeit noch nicht abgeschlossen ist. Sobald sie jedoch keine Aufenthaltspapiere mehr nachweisen können, werden sie zu Gefangenen, denn auch eine legale Ausreise wird so unmöglich.
Mit unseren Gästen haben wir diskutiert, wie Menschen ohne Papiere ihren Alltag in der sogenannten Illegalität bewerkstelligen. Wie sehen Wege zurück in die “Legalität” aus? Und wie legitimieren Gesellschaften diese Form von Zugehörigkeit und Ausschluss?
Podiumsdiskussion vom 27. Februar 2020 mit Birgit Poppert (Café 104, Beratungsstelle für Menschen ohne Papiere in München), Dr. Holger Wilcke (Sozialwissenschaftler an der HU Berlin) und Prof. Dr. Werner Schiffauer (Kultur- und Sozialanthropologe, Europa-Universität Viadrina). Moderation: Dr. Stephan Dünnwald (Bayerischer Flüchtlingsrat).
In Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Flüchtlingsrat.
In der Reihe Bellevue Heimatministerium fragen wir nach den Auswirkungen der neuen deutschen Heimatpolitik bei Betroffenen und Aktiven in der Flüchtlingspolitik.